SANAA, ESSEN 2016

„Bild des Raums“

Buch- und Ausstellungsprojekt


Ich trage diesen Raum mit mir,

denn er ist in mir selbst begründet.
Betrete ich einen neuen Raum,
projiziert sich mein innerer Raum auf den mich umgebenden.
Ich lasse mich leiten von meinen inneren Vorstellungen und konstruiere bei jeder Begegnung doch immer
einen neuen Erfahrungsraum.
 
Der Körper und das Auge schweifen durch den Raum,
begehen, ertasten, erforschen und erblicken ihn.
Der fotografische Blick schneidet aus, öffnet, trennt,
dekonstruiert vorhandene Strukturen, fügt wieder zusammen und schafft neue Bezüge.
 
Das Licht, der einzelne Lichtstrahl des Moments
beherrscht die Gestaltung und Wahrnehmung.
In jedem Augenblick verändert sie sich.
Der Schatten bleibt eine Erscheinung,
er hat kein eigenes Leben,
er signalisiert das Vorhandensein eines Zustands,
ohne den es ihn nicht gäbe.
Licht und Schatten schaffen Formen,
die den Raum in abstrakte Fragmente zerlegen und
neue Bildräume erschaffen.
 
Das Fenster als wesentliches Element löst den festen Blick und starre Vorstellungen auf, erweitert, spiegelt und öffnet.
Es entsteht Raum für neue Möglichkeiten.
Das Artefakt verbindet sich mit der Umgebung,

und mit meinen inneren Vorstellungen.
 
Der Raum erzählt meine Geschichte, erweitert meinen eigenen Raum, verdichtet und reflektiert meine Wahrnehmung.

 

Tania Reinicke 2016


Folkwang EDITION | Book 001


Die Schnittebene als Resultat

 

Der mit 35 Meter Breite und 34 Meter Höhe aus dem Boden ragende fünfgeschossige Betonwürfel wurde 2006 nach den Entwürfen der japanischen Architekten und Pritzker-Preisträger Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa des Architekturbüros SANAA gebaut. Geprägt ist die kubische Architektur des SANAA-Gebäudes durch die Materialität des Sichtbetons, die das Gebäude als Monolith erscheinen lässt und gleichzeitig aus der Umgebung herauslöst. Das wohl wesentlichste Merkmal sind die 134 Fenster in unterschiedlichen Größen, in scheinbar beliebiger Anordnung auf alle Ebenen verteilt, die als Schnittstellen zwischen Innen- und Außenwelt fungieren und mit ihren vielschichtigen Spiegelungen und Reflexionen einen eigenen Bildraum erzeugen.

 

Wie nehmen wir diese Architektur im fotografischen Bild wahr?

 

Die skulpturale Form des Gebäudes bildet einen markanten visuellen Einschnitt in die vorhandene von industrieller Vergangenheit geprägte Architektur des Weltkulturerbe Zeche Zollverein in Essen-Stoppenberg und den von „Arbeitersiedlungen“ geprägten städtischen Lebensraum der umgebenden Viertel Katernberg und Schonnebeck. Die tableauhafte Anordnung der zahlreichen Fenster im Innenraum bieten auf unterschiedlichen Ebenen einen direkten Ausblick in die renaturierte Haldenlandschaft, die umgebende Industrielandschaft und die Stadtlandschaft der angrenzenden Viertel. Durch diesen Einschnitt wird der Raum selbst zu einem Ausschnitt der gegenwärtigen Kulturlandschaft im Ruhrgebiet. Durch den fotografischen Akt des Schnitts in den Raum isolieren wir Bildräume, machen etwas sichtbar. Wir schneiden ihn aus oder aus ihm heraus, ordnen ihn an, fügen ihm etwas hinzu und fixieren ihn. Wir erzeugen neue Bildräume, in denen sich die Schnittebenen aus Zeit und Raum überlagern, Aspekte der Wahrnehmung sichtbar gemacht, andere im gleichen Maße ausgeblendet werden und neue Betrachtungsräume geschaffen werden.



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Tania Reinicke

Executive Director | Master of Arts

info@taniareinicke.de